Hinweis: Um euch besser in dieses besondere Erlebnis mit hineinzunehmen weiche ich hier von unserem Standard-Artikel-Format ab und verwende z.B. die, für diesen Blog untypische, Gegenwarts-Zeitform.
Schon in der Nacht wache ich immer wieder von den starken Regenfällen und dem Gewitter auf. Gestern Morgen hatte es schon ordentlich geschüttet, aber das hier ist die nächste Eskalationsstufe. Es gießt wie aus Kübeln. “Ob wir die Wanderung überhaupt machen können?”, frage ich mich, während mir die 2018 in Thailand verschüttete Schulklasse durch den Kopf geht.
Morgens ist unser Führer Borneo bereits um 8:00 an unserer Unterkunft - eine halbe Stunde früher als verabredet. So hat er noch Zeit um gemütlich eine zu rauchen, während wir uns nach dem Frühstück für die zwei-Tages-Dschungelwanderung bereit machen. Wir wollen uns auf die Suche nach Orang-Utans im Gunung Leuser Nationalpark auf Sumatra machen. Gestern gab es eine kurze Vorbesprechung in der wir die Eckdaten abgeklärt haben: was müssen wir mitbringen, welche Tiere gibt es zu sehen, wie ist die grobe Route, worauf müssen wir achten (z.B. Schlangen). Während dem Zähneputzen geht Ursel auf den Balkon und sieht plötzlich auf der anderen Seite des Flusses einen Orang-Utan den Baum hochklettern:

Wow, das geht ja gut los!
Pünktlich um 8:30 starten wir von unserer Unterkunft im Dorf Richtung Regenwald. Den ersten Teil des Weges, durch das Dorf, sind wir gestern schon gelaufen als wir zur Fledermaushöhle wollten. Wir hatten es nicht bis an unser Ziel geschafft denn der eine Weg war überschwemmt und der andere von einem Bluthund blockiert, an dem Ursel partout nicht vorbei wollte. Als wir an die Gabelung mit den zwei Wegen kommen entscheidet Borneo sich für den Weg mit dem Bluthund. Der junge Hund kommt uns schwanzwedelnd entgegen und sperrt immer wieder sein Maul auf, weil er spielen will. Borneo bekommt Ursel an dem verspielten Hund vorbeimanövriert und wir können weiter laufen.
Zuerst geht es durch Palmölplantagen, in denen wir unseren zweiten Führer, Cipta, treffen:

Weiter geht es jetzt zu viert. Eine ganze Weile laufen wir noch durch Palmölfelder und immer wieder an Häusern vorbei. Cipta zeigt uns diese große giftige Spinne am Wegesrand und sagt wir sollen besser Abstand halten:

Wenn man genau hinschaut sieht man ein orangenes Baby auf ihrem Rücken.
Plötzlich biegen wir in die Botanik ab, in’s Orang-Utan Gebiet:

Es gibt hier keinen Wanderweg, es geht einfach mitten durch’s Gebüsch. Über Wurzeln, unter Lianen und zwischen Felsen hindurch. Stellenweise muss ich an den Laserparcours des Spionagemuseums in Berlin denken. Nach einer Weile, und ein paar noch rechtzeitig entfernten Blutegeln, kommen wir ziemlich durchgeschwitzt an einer Höhle an:

Wir können unsere Rucksäcke ablegen und unsere Führer schauen in der Gegend nach Orang-Utans. Plötzlich sagt Cipta: “Orang-Utan, Orang-Utan!”. Und tatsächlich klettert da eine Mama mit ihrem Baby durch den Baum:

In relativ kurzer Zeit ist sie schon um die Ecke gebogen und wir versuchen ihr am Boden zu folgen. Das ist schier ein Ding der Unmöglichkeit, weil wir keine Machete dabei haben. Also gehen wir zurück in die Höhle. Kurz darauf kommt noch ein Orang-Utan, vermutlich das zweite Jungtier der Mutter, vorbei:

Dieser legt sich erstmal in den Baum und ruht sich aus. Nach ca. 10min scheint es ihm aber zu langweilig zu werden und er zieht weiter:

Richtig cool! Das waren echt tolle Sichtungen und wir sind sehr glücklich dass wir so eine gute Sicht hatten. Wir können sehr gut nachvollziehen warum Orang-Utan “Waldmensch” bedeutet.
Kurz darauf sitzen wir überraschenderweise auf der Terasse von Louise, der Inhaberin von Sumatra EcoVentures, bei der wir diese Tour gebucht hatten (danke Merlin und Tabea für den heissen Tipp!). Es gibt eine kleine Obstpause und unsere Führer haben Zeit für eine Zigarette.
Weiter geht es durch ein paar lose Gasthäuser zu einer zweiten Stelle, an der immer wieder Orang-Utans gesichtet werden. Wir haben aber kein Glück und gehen weiter zu unserem Picknickplatz am Fluss. Dort gibt es leckeren Fried Rice und Crispy Chicken auf dem Bananenblatt serviert. Was Borneo und Cipta nicht alles so in ihren Rucksäcken mitschleppen…
Nach der Stärkung führt uns der Weg weiter durch lose Siedlungen. Fast immer wenn wir auf andere Personen treffen oder an einem Haus vorbei laufen gibt es einen kleinen Schnack mit unseren Führern - machmal auch ohne dass man das Gegenüber überhaupt sieht. Dann kommen wir an einen Fluss:

Ein Stückchen weiter heisst es dann “Wanderschuhe aus, Wasserschuhe an!":

Wir waten durch den Fluss stromaufwärts. Das kalte Wasser an den Beinen und der Schatten der Bäume tut unglaublich gut in dieser schwülen Hitze. Nach ca. einer Stunde, wir kommen immer wieder an leeren Camps vorbei, erreichen wir unser Nachtlager:

Dort wartet auch schon unser gut gelaunter, ständig singender, Koch mit einem Tempe-Snack auf uns. Viel besser ist jedoch dass wir endlich aus den verschwitzten Klamotten heraus und uns im kühlen Fluss frisch machen können:

Das tut gut!
Wir haben noch etwas Zeit zu entspannen. Dann bricht langsam die Dunkelheit herein und das Abendessen wird serviert:

Nicht lange nach dem Abendessen kriechen wir sehr früh in unsere Hütte (offene Konstruktion mit zwei Outdoormatratzen auf einer Plastikfolie mit einem Moskitonetz umspannt). Trotz dessen dass es noch viel zu früh, wir ca. 40cm zu lang, und es viel zu warm ist, schlafen wir irgendwann ein. Was für ein Tag.
Das geht:
- Orang-Utans in freier Wildbahn sehen
- Leckeres Regenwald-Camp-Essen - das beste in Indonesien bisher!
- Baden im kühlen Flusswasser
Das geht nicht:
- Alter Schwede, unsere beiden Führer sind quasi Kettenraucher - erstaunlich wie fit sie trotzdem sind
- Nachts um 1:00 mit Nachdruck vom flotten Otto geweckt werden
- Der Endgegner: das Plumpsklo im Camp (quasi eine in die Erde eingelassene Porzellanschüssel ohne Brille, Deckel oder sonstigen Klimbim, bei der man sich fragt wo das Abwasser eigentlich landet)

